Stadtverwaltung Geisa - Logo

#14 | Gangolfiberg

Europaweit bekannt war schon in seiner Zeit, dem 17. Jahrhundert, der Universalgelehrte Athanasius Kircher. Er war ein Geisaer. Das Licht der Welt erblickte Kircher hier am 2. Mai 1602 als neuntes Kind des Stadtschultheißen Magister Johann Kircher und dessen Ehefrau Anna. Sein Geburtshaus stand am südlichen Marktplatz, gegenüber dem Rathaus. Beim Großbrand in der Oberstadt 1858 wurde es leider zerstört. In Geisa besuchte Athanasius Kircher die Elementar-Schule und kam als Zehnjähriger in das Jesuiten-Kolleg nach Fulda. 1618 trat er in Paderborn in den Jesuitenorden ein, belegte erste Studienkurse in Philosophie, Logik und Physik. Die Wirren des 30-jährigen Krieges sowie Studien- und Lehrtätigkeit führten ihn nach Köln, Koblenz, Heiligenstadt, Aschaffenburg und Mainz, wo er am 14. April 1629 die Priesterweihe erhielt. Er lehrte in Speyer, Würzburg, Lyon und Avignon. Senator Peresque, ein Fürsprecher, erreichte bei Papst Urban VIII. 1634 Kirchers Berufung nach Rom, wo er sich seiner vielseitigen wissenschaftlichen Arbeit widmen konnte. Er kartierte unter anderem Meeresströmungen, beschrieb erstmals die Laterna magica, die als Vorläufer des Diaprojektors und Kinematografen gilt, begründete die Sinologie (Chinakunde), entzifferte Hieroglyphen, sprach mehr als 12 Sprachen, erkannte, dass winzige, damals noch nicht sichtbar zu machende, Organismen Krankheitserreger sein konnten – um nur wenige Beispiele seines vielfältigen Wirkens zu nennen. Kircher hinterließ 44 gedruckte Bände und zahlreiche Briefe. Obwohl der Gelehrte seine Heimat nie wiedersah, blieb er ihr eng verbunden und schenkte der katholischen Kirchengemeinde Geisa Reliquien von 14 heiligen Märtyrern Roms, die in vier Schreinen in der Stadtpfarrkirche aufbewahrt werden. Athanasius Kircher starb am 27. November 1680 in Rom. Ein Denkmal (Basaltblock mit Bronzetafel) am Gangolfiberg erinnert an ihn.

Schräg gegenüber des Kircherdenkmals gibt es auf dem Gangolfiberg einen Platz mit systematisch angeordneten Steinquadern. Es ist ein original erhaltenes Zentgericht, eine ab dem 11. Jahrhundert gebräuchliche Gerichtsstätte. Ein vom Landesherrn eingesetzter Zentgraf leitete die Verhandlungen. Umgeben war er von etwas tiefer sitzenden gewählten Schöffen. Das Volk stand im Halbkreis um das Gericht herum. Auch schwere Verbrechen wie Mord, Körperverletzung oder Brandstiftung wurden hier verhandelt und vermutlich auch Todesurteile gesprochen.

Die Gangolfikapelle ist sowohl architektonisch als auch geschichtlich interessant. Urkundlich nachweisbar ist ihr Bestehen seit 1461. An der Nordseite befindet sich eine balkonartige Außenkanzel aus der Zeit um 1600. Ein verschieferter Baldachin schützt die Kanzel vor Witterungseinflüssen. Die Nordseite ist zudem mit 13 Grabsteinen Geisaer Bürgerfamilien ausgeschmückt.

Stadtverwaltung Geisa - Kanzel und Epitaphien an der Nordwand der Gangolfikapelle
Kanzel und Epitaphien an der Nordwand der Gangolfikapelle (Quelle: Annett Sachs)
Stadtverwaltung Geisa - Laterna magica (Quelle: Kupferstich aus Kirchers "Ars magna lucis et umbrae", 1671)
Laterna magica (Quelle: Kupferstich aus Kirchers "Ars magna lucis et umbrae", 1671)