Stadtverwaltung Geisa - Logo

#20 | Schlossberg

Bereits im Mittelalter siedelten Juden im Geisaer Amt. Sie waren hier meist als Händler und Kaufleute tätig oder lebten von Pfandleihgeschäften. 1861 lebten 180 Juden in der Stadt.

Bereits aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt es Überlieferungen zur Existenz einer Synagoge. Diese wurde allerdings beim großen Brand der Oberstadt 1858 ein Opfer der Flammen. Daher wurde 1861/62 ein größeres und komfortableres Gebäude gebaut und eingerichtet. Die neue Synagoge verfügte über einen achteckigen Turmaufbau, einen großen Innenraum für die Männer und eine umlaufende Empore für die Frauen. Wahrscheinlich im gleichen Jahr wurde eine jüdische Schule als IV. Abteilung der hiesigen Bürgerschule errichtet.

Einer der bedeutendsten Pädagogen war dort Moritz Goldschmidt (1863 – 1916). Durch seine enge Freundschaft mit dem Geisaer Apotheker Adalbert Geheeb widmete er sich der Erforschung der Blühpflanzen der Rhön. Er hat über 20.000 Pflanzen der Rhön gesammelt, bestimmt, beschrieben und gepresst. Sein Herbarium umfasste über 300 Mappen und kommt aneinandergereiht auf eine Länge von über 40 Metern. Diese Sammlung befindet sich heute im Senkenberg-Museum in Frankfurt/M. Nach seinem Tod wurde Goldschmidt zum Ehrenmitglied des Rhönklub-Zweigvereins Geisa ernannt. Die 1922 am Rockenstuhl angebrachte Tafel wurde 1933 von den Nationalsozialisten zerstört. Nach Wiedergründung des Vereins 1990 wurde die Tafel erneuert und erinnert an beide Rhönbotaniker: Moritz Goldschmidt und Adalbert Geheeb.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts setzte eine große Auswanderungswelle im Geisaer Amt ein. Auch viele Juden verließen ihre Heimat. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten kam es zur völligen Vernichtung der Jüdischen Gemeinde in Geisa . 1933 fing es mit dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte an und gipfelte in den Nürnberger Gesetzen von 1935. In der Reichskristallnacht am 9. November 1938 wurden an jüdischen Geschäftshäusern die Scheiben eingeschlagen und die Auslagen zerstört und geplündert, die Synagoge wurde zerstört. Grabsteine auf dem Judenfriedhof wurden umgeworfen oder zerschlagen.

Viele Geisaer Familien halfen heimlich ihren jüdischen Mitbürgern. Sie steckten ihnen Lebensmittel zu, da sie keine Lebensmittelmarken bekamen. Die Witwe von Moritz Goldschmidt wurde bis zu ihrem Tod 1940 liebevoll im katholischen Krankenhaus gepflegt.

Am 19. September 1942 wurden die letzten jüdischen Mitbürger aus Geisa deportiert.

Stadtverwaltung Geisa - Die drei Religionen im Einklang. Links die Synagoge
Die drei Religionen im Einklang. Links die Synagoge (Quelle: Manfred Dittmar)
Stadtverwaltung Geisa - Das Kaufhaus Horn am Ende des Marktplatzes
Das Kaufhaus Horn am Ende des Marktplatzes (Quelle: Heinz Kleber)